"Ich habe einen Staat infiziert"


Der Staat wurde Opfer, Zeuge und Täter der Kunstaktion
"Barbie und Ken sind HIV-positiv".
Es gab kein Entkommen.
Das Staatsgebiet wurde von meinem Körper infiziert - ZEITGLEICH!
Die Betrachter lebten unter der Ausstellung.





ANSUCHEN. ergingen.

* KUNST/KULTUR, GESUNDHEIT/SOZIALES, JUGEND/BILDUNG
- LAND VORARLBERG/Stadt Bregenz
- LAND TIROL/Stadt Innsbruck
- LAND SALZBURG/Stadt Salzburg
- LAND OBERÖSTERREICH/Stadt Linz
- LAND STEIERMARK/Stadt Graz
- LAND WIEN/Stadt Wien
* alle ARBEITERKAMMERN
* alle GEWERKSCHAFTEN
* alle ÄRZTEKAMMERN
* das Parlament: an jeden der 183 NATIONALRATSABGEORDNETEN persönlich
* ZWEI BUNDESMINISTERIEN
* 200 SPONSORENBRIEFE AN FIRMEN
* private Personen

ZEITGLEICH. infiziert.

Das Projekt "Barbie und Ken sind HIV-positiv" fand vom 30.April bis 13.Mai 1996 in Bregenz, Innsbruck, Salzburg, Linz, Graz und Wien ZEITGLEICH statt. Es wurden 2000 Objekte mit Plakaten, die den Titel "Barbie und Ken sind HIV-positiv" trugen, in öffentlichen Räumen montiert.

ORTE. berührten.

Bregenz:
* Plakatwände Heimatwerbung
- B 190 in Richtung Zentrum, Reichstr. 41
- Seepromenade
* Hauptbahnhof Bregenz
Graz:
* Plakatwände Heimatwerbung
- Auer von Welsbachgasse 25
- Eggenbergergürtel nach Fa. Stadelbauer, Richtung Süden
- Göstingerstr. 34, Nähe UKH
- Harterstr. geg. Nr. 20, Bus HS Don Bosco
* Traminer Weinstube
* Universität Graz
* Hauptbahnhof Graz
* Galerie Forum Stadtpark
* Cafe Stadtpark
Innsbruck:
* Innsbrucker Frühjahrsmesse
* Plakatwände Heimatwerbung,
Gilmstraße, Zufahrt Hotel Maria Theresia
- Fürstenweg 117, Bus-Haltestelle Angerweg
- Bundschuhstr. 22
- Meinhard Parkgarage, 2. UG
- WIFI-Parkplatz, Frontseite
* Hauptbahnhof Innsbruck
* Friseursalon Greta Kahn
- classic cuts, Bürgerstr. 13
- warehouse cuts, Viaduktbogen 18
* Buchhandlung Parnass
* Universität Innsbruck
* Kulturzentrum Utopia
Wien:
* Plakatwände Heimatwerbung
- Wien 3 Erdbergerlände/Ecke Schlachthausgasse 1, bei Stadionbrücke, Abfahrt zu A4
- Wien 11 Pantucekgasse /Ecke Simmeringer Hauptstr. 411
- Wien 14 B1 Hauptstr. 113 (Hadersdorf)-Hanuschstr.
- Wien 23 Altmannsdorferstr. 146, Richtg. Breitenfurterstr.
* Wien Südbahnhof
* Wien Westbahnhof
* Buchhandlung Anna Jeller, Margaretenstr. 35, Wien 4
* Tiroler Sparkasse, Brandstätte 4
* Nightclub U4, Schönbrunnerstr. 222
* Cafe Berg, Berggasse 8, Wien 9
* Cafe Stein, Wien 9
* Rathaus Wien
Linz:
* Plakatwände Heimatwerbung
- Anzengruberstr.-Friedhofstr.
- Ebelsberg Reitplatz, BS 1
- Hafenstr. 35
- Paracelsusstr.
* Universität Linz
* Hauptbahnhof
* Discothek Stonewall
* UP-ART/RAVER- Geschäft, Herrengasse 8
Salzburg:
* Theater Metropolis
* Plakatwände Heimatwerbung
- Alpenstr. Michael Pacherstr.
Unterführung Ostseite
- Einmündung Fürbergstr.
- BE Preimesberger
- Marktgraben Doblerweg
- Gniglerstr., BE Porschehof
* Hauptbahnhof Salzburg

MEDIEN. transportierten.

* Internet
* Zeitungen
* Radio
* Fernsehen

TRADEMARKS. bedrohen.

Trademarks sind Marken (Waren und Dienstleistungen), die wort- und lautgeschützt sind. Verwendet der Künstler im Rahmen seiner Arbeit Trademarks (z.B. als Negativ-Metapher ...) im öffentlichen Raum, wird die künstlerische Freiheit durch das Gesetz beschnitten. Es drohen einstweilige Verfügung sowie finanzielle Strafe wegen Umsatzschädigung. Hier relativiert sich der gesellschaftliche Standpunkt: Freiheit der Kunst. War es früher die Kirche, die die Kontrolle besaß, so ist es heutzutage die Wirtschaft, die ihre "Heiligen" durch Gesetzgebung und Finanzen schützt. In Anbetracht dessen setzte ich mich durch die Namensgebung meines Kunstprojektes "Barbie und Ken sind HIV-positiv"der existentiellen Bedrohung aus. Der Projekttitel als Paradoxon und Metapher, auf Plakaten gedruckt, mit den Kunstobjekten zusammen im öffentlichen Raum montiert, war somit auf den "good will" der Firma und des Staates angewiesen und wird es auch weiterhin bleiben.


Die KONKRETE ABSTRAKTION provoziert die Kunst.


"Was hat Kunst mit Aids zu tun?"

" Machen sie doch Portraits, das macht mich betroffen!"

"Mir ekelt vor diesen Objekten."

So und ähnlich waren die ersten offiziellen Reaktionen auf dieses Projekt. Absurd, wenn man sich vorstellt, daß es sich bei dem verwendeten Material um Alltagsgegenstände handelt. Ein Gegenstand wird durch seine Berührung von HIV-positiven Menschen mit Körper, Sexualität, Krankheit, Tod und Endlichkeit aufgeladen. Die Distanz geht verloren und kann auch nicht mehr hergestellt werden, anders bei der Fotografie. Die Grenzen verschwimmen - ich kann nicht mehr unterscheiden - "Wer oder was bin ich" - "Wer oder was ist der andere" - "Wer oder was hat mich durch den Gegenstand berührt". Die Identität verschwimmt, eine Geschichte erhält Raum. Durch die Berührung wird der Gegenstand plötzlich zu etwas anderem, Besonderem, Bedrohlichem.

Er fordert Zuwendung.

"liebe mich", "schlage mich", ...

Er provoziert und irritiert.

"öffne mich", "verachte mich", ...

Das Kunstobjekt macht uns wieder alle gleich - BERÜHRUNGSÄNGSTE. Es gibt keine wirklichen Grenzen - ABGRENZEN. Wie wenig bedarf es, es sichtbar zu machen. Die unausweichliche und lebensnotwendige Berührung wird zur Bedrohung. Provokation nur durch Abstraktion ist in der Kunst vorbei. Ich reduziere und abstrahiere den Menschen und sein Menschsein auf den berührten Gegenstand. Die KONKRETE ABSTRAKTION provoziert.


BARBIE UND KEN SIND NICHT TOT.

Der Wunsch nach Barbie und Ken - ihrer Welt - die implantierten, designten Ideale entsprechen unserer Zeit. Ihr Revival ist nicht zufällig. Ihre glattrasierten Körper, ihre angezogene Geschlechtlichkeit, ihre ausgezogene Sexualität, ihre makellose Plastikunendlichkeit, ihr heiliger Mythos. Ich bete sie an. Ich vergöttere sie. Ich liebe Barbie und vor allem Ken.



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franz wassermann thomas spielhofer